Textbibel 1899 1Wohl giebt es einen Fundort für das Silber, eine Stätte für das Gold, das man läutert. 2Eisen wird aus dem Erdreiche geholt, und Gestein schmilzt man zu Erz. 3Ein Ende hat man der Finsternis gemacht und bis zur äußersten Grenze durchforscht man das im tiefsten Dunkel verborgene Gestein. 4Man bricht einen Schacht fern von den droben Wohnenden; vergessen von dem droben schreitenden Fuß, fern von den Menschen hangen, schweben sie. 5Aus der Erde geht Brotkorn hervor, und ihre Tiefen werden wie mit Feuer umgewühlt. 6Des Sapphirs Fundstätte ist ihr Gestein, Goldstäubchen werden ihm zu teil. 7Den Weg kennt nicht der Adler, noch erspäht ihn des Geiers Auge. 8Nicht betreten ihn die stolzen Raubtiere, noch schreitet auf ihm der Leu. 9An den Kiesel legt man die Hand, wühlt von Grund aus die Berge um. 10Durch die Felsen schlägt man Gänge, und allerlei Kostbares erschaut das Auge. 11Die Wasseradern verbindet man, daß sie nicht thränen, und bringt Verborgenes ans Licht. 12Die Weisheit aber, wo findet man sie, und wo ist der Fundort der Erkenntnis? 13Kein Mensch kennt den Weg zu ihr, und sie ist nicht zu finden im Lande der Lebendigen. 14Die Meerestiefe spricht: "In mir ist sie nicht!" und das Meer spricht: "Sie ist nicht bei mir!" 15Mit gediegenem Golde wird sie nicht erkauft, noch wird Silber dargewogen als ihr Preis. 16Sie läßt sich nicht aufwiegen mit Ophirgold, mit kostbarem Schoham und Sapphir. 17Gold und Glas kommen ihr nicht gleich, noch tauscht man sie ein für güldenes Geschirr. 18Korallen und Krystall kommen nicht in Betracht, und der Besitz der Weisheit geht über Perlen. 19Äthiopiens Topas kommt ihr nicht gleich, mit reinstem Golde wird sie nicht aufgewogen. 20Die Weisheit also - woher kommt sie, und wo ist der Fundort der Erkenntnis? 21Verhüllt ist sie vor den Augen aller Lebenden, auch den Vögeln unter dem Himmel ist sie verborgen. 22Abgrund und Tod sprechen: "Wir haben mit unseren Ohren ein Gerücht von ihr gehört." 23Gott kennt den Weg zu ihr und er weiß um ihren Fundort. 24Denn er schaut bis zu der Erde Enden; was irgend unter dem Himmel ist, sieht er. 25Als er des Windes Wucht abwog und dem Wasser sein Maß bestimmte, 26als er dem Regen sein Gesetz gab, und seinen Pfad dem Wasserstrahle, 27da sah er sie und machte sie kund, stellte sie hin und durchforschte sie. 28Und zum Menschen sprach er: Siehe, Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und das Böse meiden, ist Verstand! Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899 Bible Hub |