Textbibel 1899 1Und es erging das Wort Jahwes an mich folgendermaßen:
2Menschensohn, halte Jerusalem ihre Greuel vor
3und sprich: So spricht der Herr Jahwe zu Jerusalem: Deine Abstammung und dein Ursprung sind aus dem Lande der Kanaaniter: dein Vater war Amoriter und deine Mutter Hethiterin.
4Und was deine Geburt betrifft: an dem Tage, an dem du geboren wurdest, wurde weder deine Nabelschnur abgeschnitten, noch wurdest du mit Wasser abgewaschen, noch mit Salz abgerieben und in Windeln gewickelt.
5Niemand blickte mitleidig auf dich, daß er dir eins von diesen Dingen erwiesen hätte, um Erbarmen gegen dich zu üben; sondern du warst hingeworfen aufs freie Feld - so gering schätzte man dein Leben an dem Tag, an dem du geboren wurdest! 6Da kam ich an dir vorüber und sah dich in deinem Blute zappeln und sprach zu dir: die du daliegst in deinem Blute, bleibe leben! 7Und ich badete dich mit Wasser und wusch dir das Blut ab und salbte dich mit Öl. 8Ich machte dich zahllos, wie die Gewächse auf den Fluren, und du wuchsest und wurdest groß und gelangtest zu höchstem Reize: die Brüste waren steif geworden, und dein Haar sproßte kräftig; aber du warst noch immer nackt und bloß. 9Da kam ich an dir vorüber und sah dich, und es befand sich, daß die Zeit der Liebe für dich da war. Da breitete ich meine Decke über dich und bedeckte deine Blöße und verband mich dir mit einem Eid und ging einen Bund mit dir ein - ist der Spruch des Herrn Jahwe - und du wurdest mein! 10Und ich kleidete dich in bunt gewirkte Gewänder und gab dir Sandalen von Seekuhfell; ich umwand dich mit Byssus und hüllte dich in Seide. 11Ich schmückte dich mit Schmuck, legte dir Spangen an die Arme und eine Kette um deinen Hals. 12Ich legte einen Reif an deine Nase und Ringe an deine Ohren und setzte dir eine prächtige Krone auf das Haupt. 13Und so warst du geschmückt mit Gold und Silber, und deine Kleidung bestand aus Byssus und Seide und buntgewirkten Gewändern. Feinmehl, Honig und Öl genossest du und du wurdest überaus schön und brachtest es bis zur Königswürde. 14Und dein Ruhm erscholl unter den Völkern wegen deiner Schönheit; denn sie war vollkommen vermöge der Zier, die ich dir angelegt hatte, - ist der Spruch des Herrn Jahwe. 15Aber du pochtest auf deine Schönheit und hurtest infolge deines Rufs und gossest deine Hurerei auf jeden Vorübergehenden. 16Und du nahmst von deinen Gewändern und machtest dir buntscheckige Opferhöhen und hurtest auf ihnen. 17Und du nahmst deine Schmucksachen von meinem Gold und meinem Silber, das ich dir gegeben hatte, und machtest dir Mannsbilder daraus und hurtest mit ihnen. 18Und du nahmst deine buntgewirkten Gewänder und behängtest sie damit und mein Öl und meinen Weihrauch legtest du ihnen vor. 19Und mein Brot, das ich dir gegeben hatte, das Feinmehl, das Öl und den Honig, womit ich dich genährt hatte, das legtest du ihnen vor als lieblichen Geruch - ist der Spruch des Herrn Jahwe. 20Und du nahmst deine Söhne und deine Töchter, die du mir geboren hattest, und schlachtetest sie ihnen zum Fraße. Als ob es noch nicht genug gewesen wäre mit deiner Hurerei, 21schlachtetest du meine Söhne und gabst sie hin, indem du sie ihnen verbranntest. 22Und bei allen deinen Greueln und deiner Hurerei gedachtest du nicht an die Tage deiner Jugend, als du nackt und bloß warst und in deinem Blute zappeltest! 23Und nach aller deiner Bosheit - wehe, wehe über dich! - ist der Spruch des Herrn Jahwe, 24da bautest du dir eine Wölbung und machtest dir eine Höhe auf jedem freien Platze. 25An jedem Kreuzweg erbautest du dir eine Höhe und schändetest deine Schönheit und spreiztest deine Beine jedem Vorübergehenden auseinander. Und du begingst noch weitere Hurerei: 26du hurtest nach den Ägyptern hin, deinen Nachbarn mit großem Gliede; und du begingst noch weitere Hurerei, meinen Zorn zu erregen. 27Da reckte ich nun meine Hand wider dich aus und minderte das dir zum Unterhalt Bestimmte und gab dich der Gier deiner Feindinnen preis, der Töchter der Philister, die sich schämen wegen deines unzüchtigen Wandels. 28Und du hurtest nach den Assyriern hin, ohne dich zu ersättigen; du hurtest mit ihnen und wurdest doch nicht satt. 29Und du begingst noch weitere Hurerei nach dem Lande Chaldäa hin; aber auch damit wurdest du noch nicht satt. 30Wie schmachtend war doch dein Herz! - ist der Spruch des Herrn Jahwe - da du alles dies verübtest, das Thun einer Erzhure, 31da du dir an jedem Kreuzweg eine Wölbung bautest und dir auf jedem freien Platz eine Höhe anlegtest; und doch warst du nicht wie eine Hure, daß du den Buhlerlohn je zu gering gefunden hättest. 32Du ehebrecherisches Weib, die statt ihres Mannes Fremde nahm. 33Sonst giebt man allen Huren Lohn; du aber gabst deinerseits allen deinen Liebhabern Geschenke und bestachst sie, von rings her zu deinen Buhlereien zu dir zu kommen. 34Und so fand bei dir ein Widerspiel von dem statt, was sonst Weiberart ist, bei deinen Hurereien, indem dir nicht hurerisch nachgestellt wurde, vielmehr du Buhlerlohn gabst, während dir kein Lohn gegeben wurde. So wardst du zum Widerspiel. 35Darum, o Hure, höre das Wort Jahwes! 36So spricht der Herr Jahwe! Weil deine Buhlerei sich ergoß, und deine Scham bei deiner Hurerei vor deinen Liebhabern und vor allen deinen greulichen Götzen entblößt wurde und wegen des Bluts deiner Kinder, die du ihnen preisgabst, - 37deshalb, fürwahr, will ich zusammenholen alle deine Liebhaber, denen du gefallen hast, und zwar alle die, die du gern hattest, samt denen, die du nicht mochtest; die will ich von ringsher gegen dich zusammenholen und will deine Scham vor ihnen aufdecken, damit sie deine ganze Scham sehen. 38Und ich werde dich richten nach dem Rechte der Ehebrecherinnen und der Blut vergießenden Weiber und ich werde an dir erweisen Zorn und Eifer. 39Und ich werde dich in ihre Gewalt geben, und sie werden deine Wölbung einreißen und deine Höhen zertrümmern und werden dir deine Gewänder ausziehen und dir deine Schmucksachen nehmen und dich nackt und bloß lassen. 40Und sie werden eine Versammlung wider dich veranstalten und dich steinigen und dich mit ihren Schwertern in Stücke hauen. 41Und sie werden deine Häuser in Brand stecken und vor den Augen vieler Weiber Gericht an dir vollstrecken, und so werde ich deinem Huren ein Ende machen, und fortan sollst du keinen Buhlerlohn mehr geben. 42Und ich werde meinen Grimm an dir kühlen, und mein Zorneseifer wird von dir ablassen, und ich werde mich ruhig verhalten und nicht mehr zürnen. 43Weil du der Tage deiner Jugend nicht gedachtest und mich durch alle diese Dinge erzürntest, so gebe ich dir nun auch, ha! deinen Wandel auf den Kopf! - ist der Spruch des Herrn Jahwe. Denn du hast mir auch diesen Frevel angethan zu allen deinen Greueln. 44Fürwahr, jeder Spottvers-Dichter wird den Spruch auf dich anwenden: "Wie die Mutter, so die Tochter!" 45Eine echte Tochter deiner Mutter bist du, die ihres Mannes und ihrer Kinder überdrüssig ward, und eine echte Schwester deiner Schwestern bist du, die ihrer Männer und ihrer Kinder überdrüssig wurden. Eure Mutter war eine Hethiterin und euer Vater ein Amoriter. 46Und deine ältere Schwester, das ist Samaria nebst ihren Töchtern, die nördlich von dir wohnt, und deine jüngere Schwester, die südlich von dir wohnt, das ist Sodom nebst ihren Töchtern. 47Zwar bist du anfangs nicht auf ihren Wegen gewandelt und hast nicht Greuel wie sie verübt; bald aber triebst du es noch schlimmer als sie in all' deinem Wandel. 48So wahr ich lebe, ist der Spruch des Herrn Jahwe: deine Schwester Sodom nebst ihren Töchtern hat keineswegs gethan, wie du nebst deinen Töchtern gethan hast! 49Fürwahr, das war die Schuld Sodoms, deiner Schwester: Hoffart, Überfluß an Nahrung und sorglose Ruhe ward ihr und ihren Töchtern zu teil, aber die Elenden und Bedürfigen stützte sie nicht. 50Vielmehr wurden sie hochmütig und verübten Greuel vor mir; da that ich sie hinweg, als ich das sah. 51Samaria aber hat noch nicht die Hälfte deiner Sünden begangen; vielmehr hast du es mit deinen Greueln ärger getrieben, als jene, und hast so deine Schwestern gerechtfertigt durch alle deine Greuel, die du verübtest. 52So trage nun auch du deine Schmach, die du für deine Schwestern ins Mittel getreten bist durch deine Sünden, mit denen du ärgere Greuel begingst, als jene, so daß sie dir gegenüber gerecht dastehen. Darum so schäme du dich und trage deine Schmach dafür, daß du deine Schwestern rechtfertigst. 53Denn ich werde ihr Schicksal wenden, das Schicksal Sodoms und ihrer Töchter und das Schicksal Samarias und ihrer Töchter, und ich werde auch dein Schicksal in ihrer Mitte wenden, 54damit du deine Schmach tragest und beschämt werdest wegen alles dessen, was du verübt hast, indem du ihnen dadurch einen Trost verschafftest. 55Und deine Schwestern, Sodom nebst ihren Töchtern, sollen wieder auf ihren früheren Stand gelangen, und Samaria und ihre Töchter sollen wieder auf ihren früheren Stand gelangen, und auch du und deine Töchter werden wieder auf ihren früheren Stand gelangen. 56Aber von Sodom, deiner Schwester, war aus deinem Munde nichts zu hören in der Zeit deiner Hoffart, 57bevor deine Bosheit offenbar wurde, wie zu der Zeit, da dich die Töchter Edoms schmähten und alle Töchter der Philister, die dich rings verhöhnten. 58Deine Unzucht und deine Greuel, die hast du getragen, ist der Spruch Jahwes. 59Denn so spricht der Herr Jahwe: Ich verfahre mit dir, wie du verfahren bist, indem du den Eid verachtetest und den Bund brachst. 60Doch ich will an meinen Bund gedenken, den ich mit dir in den Tagen deiner Jugend schloß, und will einen ewigen Bund mit dir errichten. 61Da wirst du an deinen Wandel gedenken und wirst beschämt sein, wenn du deine älteren Schwestern samt den jüngeren nimmst, und ich sie dir als Töchter gebe, aber nicht um deines Bundes willen. 62Und ich will meinen Bund mit dir errichten, und du sollst erkennen, daß ich Jahwe bin, 63damit du daran denkest und dich schämest und vor lauter Scham deinen Mund nicht mehr aufthuest, wenn ich dir alles das vergebe, was du gethan hast, ist der Spruch des Herrn Jahwe. Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899 Bible Hub |