Hiob 24
Textbibel 1899
1Warum sind vom Allmächtigen nicht Strafzeiten aufgespart, und sehen seine Getreuen seine Gerichtstage nicht?

2Grenzen verrückt man, raubt eine Herde und treibt sie auf die Weide.

3Den Esel der Verwaisten treibt man fort, nimmt der Witwe Rind zum Pfand.

4Die Armen stößt man vom Wege, die Elenden im Lande müssen sich insgesamt verstecken.

5Ja, gleich Wildeseln in der Wüste ziehen sie aus in ihrem Tagewerke, Zehrung suchend; die Steppe giebt ihm Brot für die Kinder.

6Auf dem Felde schneiden sie sein Mengfutter und den Weinberg des Gottlosen ernten sie nach.

7Nackt liegen sie des Nachts, ohne Kleidung, und ohne Hülle in der Kälte.

8Vom Regenguß der Berge triefen sie und ohne Obdach schmiegen sie sich an den Fels.

9Man raubt von der Mutterbrust die Waise und den Elenden pfändet man.

10Nackt schleichen sie einher, ohne Gewand, und hungernd tragen sie Garben.

11Zwischen ihren Mauern pressen sie Öl, treten die Kelter und müssen dürsten.

12Aus den Städten her ächzen Sterbende, die Seele Erschlagener schreit um Rache; doch Gott achtet nicht der Ungereimtheit.

13Jene sind Lichtfeinde geworden; seine Wege kennen sie nicht und sind nicht heimisch auf seinen Pfaden.

14Bei Morgengrauen erhebt sich der Mörder, tötet den Elenden und Armen, und in der Nacht schleicht der Dieb.

15Das Auge des Ehebrechers erlauert die Dämmerung; kein Auge, denkt er, wird mich sehen, und eine Hülle legt er vors Gesicht.

16Im Finstern bricht man in Häuser ein; bei Tage halten sie sich eingeschlossen, wollen nichts wissen vom Licht.

17Denn ihnen allen gilt tiefes Dunkel als Morgen; denn mit den Schrecken des tiefen Dunkels ist man wohl vertraut.

18Schnell ist er dahin auf Wassers Fläche; verflucht wird ihr Erbteil im Lande, nicht wendet er sich mehr des Wegs zu den Weinbergen.

19Dürre und Hitze raffen die Schneewasser hinweg, die Unterwelt die, so gesündigt haben.

20Es vergißt seiner der Mutterschoß; an ihm erlabt sich das Gewürm. Nicht wird seiner mehr gedacht, und einem Baume gleich wird der Frevel zerschmettert.

21Er, der die Unfruchtbare ausbeutete, die nicht gebar, und der Witwe nichts Gutes erwies.

22Und die Tyrannen erhält er durch seine Kraft; ein solcher kommt wieder auf, wenn er schon am Leben verzweifelte.

23Er gewährt ihm Sicherheit, und er sieht sich gestützt, und seine Augen wachen über ihren Wegen.

24Hoch stehen sie da - ein wenig nur, und er ist nicht mehr! Hingesenkt werden sie - wie alle werden sie eingerafft und wie der Kopf der Ähre abgeschnitten.

25Und wenn's nicht so ist - wer will mich Lügen strafen und meine Rede zunichte machen?

Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899

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