Textbibel 1899 1Rühme dich nicht des morgenden Tags, denn du weißt nicht, was ein Tag gebären mag. 2Es rühme dich ein Anderer und nicht dein eigener Mund, ein Fremder, aber nicht deine eigenen Lippen. 3Schwere mag ein Stein haben und Gewicht der Sand, aber des Narren Unmut ist schwerer als beide. 4Grimmig mag die Wut sein und der Zorn überfluten - aber wer kann vor der Eifersucht bestehen? 5Besser unverhüllte Rüge, als geheim gehaltene Liebe. 6Treugemeint sind Wunden von der Hand des Liebenden, aber abscheulich die Küsse des Hassers. 7Ein Gesättigter tritt Honigseim mit Füßen, aber ein Hungriger findet alles Bittere süß. 8Wie ein Vogel, der von seinem Neste geflohen ist, also ein Mann, der flüchtig ward aus seiner Heimat. 9Salböl und Räucherwerk erfreuen das Herz, aber süßer ist einem der Freund als duftende Hölzer. 10Deinen Freund und deines Vaters Freund verlaß nicht und in deines Bruders Haus geh nicht an deinem Unglückstage. Besser ein Nachbar in der Nähe als ein Bruder in der Ferne. 11Sei weise, mein Sohn, und erfreue mein Herz, damit ich dem, der mich schmäht, Rede stehen kann. 12Der Kluge sieht das Unglück und verbirgt sich, die Einfältigen aber gehen weiter und müssen's büßen. 13Nimm ihm sein Kleid, denn er hat für einen Fremden gebürgt, und um einer Auswärtigen willen pfände ihn! 14Wer seinen Nächsten am frühen Morgen mit lautem Segenswunsche grüßt, dem wird es als Fluch angerechnet. 15Eine rinnende Dachtraufe zur Zeit des Regenwetters und ein zänkisches Weib, die gleichen sich: 16Wer sie aufhält, der hält den Wind auf und will Öl mit seiner Rechten fassen. 17Eisen schärft Eisen; also schärft ein Mann die Schneide des andern. 18Wer den Feigenbaum hütet, wird seine Frucht genießen, und wer seines Herrn wartet, wird geehrt werden. 19Wie im Wasser das Antlitz dem Antlitz entspricht, ebenso ist eines Menschen Herz gegen den andern. 20Unterwelt und Abgrund bekommen nie genug; so sind auch der Menschen Augen unersättlich. 21Der Tiegel ist für das Silber und der Schmelzofen für das Gold, und ein Mann wird beurteilt nach dem, was man von ihm rühmt. 22Wenn du den Narren im Mörser zerstießest mit dem Stämpfel wie Grütze, so ließe doch seine Narrheit nicht von ihm. 23Habe wohl acht auf das Aussehen deiner Schafe, richte deine Aufmerksamkeit auf die Herden. 24Denn Wohlstand währt nicht für immer, noch eine Krone von Geschlecht zu Geschlecht. 25Ist das Gras geschwunden und frisches Grün erschienen, und sind der Berge Kräuter eingesammelt, 26dann hast du Lämmer für deine Kleidung und Böcke als Kaufpreis für einen Acker 27und genug Ziegenmilch zu deiner Nahrung, zur Nahrung für dein Haus, und Lebensunterhalt für deine Mägde. Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899 Bible Hub |