Textbibel 1899 1Und er fieng an zu ihnen in Gleichnissen zu reden: Ein Mensch pflanzte einen Weinberg, und setzte einen Zaun herum und grub eine Kelter und baute einen Thurm und verdingte ihn an Weingärtner und zog außer Lands.
2Und er sandte an die Weingärtner zur Zeit einen Knecht, um bei den Weingärtnern vom Ertrag des Weinbergs zu holen.
3Und sie nahmen ihn und schlugen ihn und sandten ihn leer zurück.
4Und abermals sandte er an sie einen andern Knecht, und den schlugen sie auf den Kopf und beschimpften ihn.
5Und er sandte einen anderen und sie töteten ihn. Und viele andere, die einen schlugen sie, die anderen töteten sie.
6Noch hatte er einen einzigen geliebten Sohn, den sandte er zuletzt zu ihnen und sagte: vor meinem Sohn werden sie sich scheuen.
7Jene Weingärtner aber sprachen unter sich: das ist der Erbe; kommt, lasset uns ihn töten, so wird das Erbe unser sein.
8Und sie nahmen ihn und töteten ihn und warfen ihn zum Weinberg hinaus.
9Was wird der Herr des Weinbergs thun? kommen wird er und die Weingärtner umbringen und den Weinberg anderen geben. 10Habt ihr auch die Schrift nicht gelesen, wo es heißt: Der Stein, den die Bauleute verwarfen, der ist zum Eckstein geworden. 11Vom Herrn ist er gekommen, und wunderbar ist er in unseren Augen! 12Und sie trachteten ihn zu greifen, und fürchteten die Menge. Denn sie erkannten, daß er das Gleichnis auf sie gesagt. Und sie ließen ab von ihm, und giengen davon. 13Und sie senden zu ihm einige von den Pharisäern und den Herodianern, ihn mit einem Worte zu fangen. 14Und sie kamen und sagen zu ihm: Meister, wir wissen, daß du wahrhaft bist, und kümmerst dich um niemand; denn du siehst keine Person an, sondern du lehrst nach der Wahrheit den Weg Gottes. Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu geben oder nicht? Sollen wir sie geben oder nicht? 15Er aber, da er ihre Verstellung kannte, sagte zu ihnen: was versucht ihr mich? reichet mir einen Denar zum ansehen. 16Sie aber reichten ihn, und er sagt zu ihnen: wessen ist dieses Bild und die Aufschrift? Sie aber sagten zu ihm: des Kaisers. 17Jesus aber sagte: was des Kaisers ist, gebt dem Kaiser, und was Gottes ist, Gott. Und sie verwunderten sich über ihn. 18Und es kamen Sadducäer zu ihm, die da sagen, es gebe keine Auferstehung, und befragten ihn: 19Meister, Moses hat uns vorgeschrieben: wenn einem sein Bruder stirbt und eine Frau hinterläßt, aber kein Kind zurück läßt, so soll sein Bruder die Frau nehmen, und seinem Bruder Samen erwecken. 20Es waren da sieben Brüder; und der erste nahm eine Frau, und als er starb, ließ er keinen Samen zurück. 21Und der zweite nahm sie, und starb ohne Samen zu hinterlassen, und der dritte ebenso. 22Und die sieben ließen keinen Samen zurück. Zuletzt von allen starb auch die Frau. 23In der Auferstehung - wem von ihnen wird die Frau gehören? Haben sie ja doch sieben zur Frau gehabt. 24Sagte Jesus zu ihnen: seid ihr nicht deshalb im Irrtum, weil ihr die Schriften nicht verstehet noch die Macht Gottes? 25Denn wenn sie von den Toten auferstehen, freien sie weder noch lassen sie sich freien, sondern sie sind wie Engel in den Himmeln. 26Was aber das betrifft, daß die Toten auferweckt werden: habt ihr nicht in Moses Buch gelesen, beim Dornbusch, wie Gott zu ihm sagte: Ich bin der Gott Abrahams, und der Gott Isaaks, und der Gott Jakobs? 27Gott ist nicht ein Gott von Toten, sondern von Lebendigen. Ihr steckt tief im Irrtum. 28Und es kam einer von den Schriftgelehrten herzu, der ihrem Streiten zugehört hatte, und da er wußte, daß er ihnen gut geantwortet hatte, befragte er ihn: Welches Gebot ist das allererste? 29Antwortete Jesus: das erste ist: Höre Israel, der Herr unser Gott ist ein einiger Herr. 30Und du sollst lieben den Herr deinen Gott aus deinem ganzen Herzen, und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Gemüte, und aus deiner ganzen Kraft. 31Das zweite ist dieses: du sollst lieben deinen Nächsten wie dich selbst. Ein anderes Gebot das größer wäre als diese giebt es sonst nicht. 32Und der Schriftgelehrte sagte zu ihm: recht, Meister, hast du nach der Wahrheit gesagt, daß einer ist und kein anderer außer ihm. 33Und das ihn lieben aus ganzem Herzen und aus ganzem Denken und aus ganzer Kraft, und das den Nächsten lieben wie sich selbst, ist viel mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer. 34Und Jesus, wie er an ihm sah, daß er verständig antwortete, sagte zu ihm: du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und niemand wagte ihn weiter zu befragen. 35Und Jesus hob an und sagte beim Lehren im Tempel: wie können die Schriftgelehrten sagen, daß der Christus Davids Sohn sei? 36Hat doch David selbst im heiligen Geist gesagt: Der Herr sprach zu meinem Herrn: setze dich zu meiner Rechten, bis ich lege deine Feinde unter deine Füße. 37David selbst nennt ihn Herr: woher ist er denn sein Sohn? Und die große Menge hörte ihm mit Lust zu. 38Und er sagte in seiner Lehre: hütet euch vor den Schriftgelehrten, welche darauf aus sind, im Talar herumzugehen, und auf die Begrüßungen an öffentlichen Plätzen, 39und auf die Vordersitze in den Synagogen und die ersten Plätze bei den Gastmählern; 40welche die Häuser der Witwen aussaugen, und verrichten lange Gebete zum Scheine: die werden nur um so schwerer ins Gericht kommen. 41Und er setzte sich dem Schatzkasten gegenüber und schaute zu, wie die Menge Münze in den Kasten einlegte. Und viele Reiche legten viel ein; 42und es kam eine arme Witwe und legte zwei Pfennige ein, das macht einen Quadranten. 43Und er rief seine Jünger herbei und sagte zu ihnen: wahrlich, ich sage euch, diese arme Witwe hat mehr eingelegt, als alle, die in den Schatzkasten einlegten. 44Denn alle haben aus ihrem Ueberfluß eingelegt; sie aber hat aus ihrem Mangel eingelegt, alles was sie hatte, ihr ganzes Vermögen. Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899 Bible Hub |