Textbibel 1899 1Endlich öffnete Hiob den Mund und verfluchte seinen Geburtstag.
2Und Hiob hob an und sprach: 3Verflucht sei der Tag, an dem ich geboren, und die Nacht, die da sprach: es ward ein Knabe empfangen! 4Dieser Tag müsse finster bleiben: nicht frage nach ihm Gott in der Höhe, noch erglänze über ihm Tageshelle! 5Zurückfordern sollen ihn Finsternis und Tiefdunkel; Wolkendickicht lagere über ihm, und Tagverdüsterung möge ihn erschrecken. 6Jene Nacht - sie sei ein Raub der Finsternis: nicht soll sie sich freuen unter des Jahres Tagen und in die Zahl der Monde trete sie nicht ein. 7Ja, diese Nacht sei unfruchtbar: kein Jubelruf soll sie durchdringen. 8Es sollen sie verwünschen, die den Tag verfluchen, die fähig sind, den Drachen anzuhetzen. 9Es müssen sich verfinstern ihrer Dämmerung Sterne; sie harre auf Licht - umsonst! und niemals schaue sie der Morgenröte Wimpern, 10weil sie mir nicht verschloß des Mutterleibes Pforten, nicht barg das Elend vor meinen Augen! 11Warum starb ich nicht im Mutterleibe, verschied ich nicht, als ich herausgetreten aus dem Mutterschoß? 12Warum empfingen mich Kniee, und wozu Brüste, daß ich sog? 13So läge ich nun und rastete, wäre entschlafen und hätte Ruhe 14bei Königen und Ratsherren der Länder, die Pyramiden für sich bauten, 15oder mit Fürsten, reich an Gold, die ihre Häuser mit Silber füllten. 16Oder einer verscharrten Fehlgeburt gleich wäre ich nicht ins Dasein getreten, Kindern gleich, die nie das Licht geschaut. 17Dort hören Frevler auf mit Toben, dort haben Ruhe, deren Kraft erschöpft. 18Es rasten die Gefangenen allzumal, sie hören nicht des Fronvogts Ruf. 19Klein und groß gilt dort gleich, und frei ist der Knecht von seinem Herrn! 20Warum schenkt er dem Elenden das Licht und Tiefbetrübten das Leben? - 21die da harren auf den Tod, er aber kommt nicht, die nach ihm graben, eifriger als nach Schätzen; 22die sich freuen würden bis zum Jubel, jauchzen würden, wenn sie das Grab fänden - 23dem Manne, dessen Pfad verborgen ist, den Gott ringsum abgesperrt hat? 24Denn Seufzen ward mein täglich Brot, und gleich dem Wasser strömen meine Klagen. 25Denn graute mir vor etwas, so traf es mich, und wovor ich schauderte, das ward mir zu Teil. 26Noch fand ich nicht Ruhe, nicht Rast, nicht Frieden, da kam schon neues Toben! Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899 Bible Hub |