Textbibel 1899 1Hört, Ihr Himmel, denn ich will reden, und die Erde vernehme die Sprüche meines Mundes! 2Meine Lehre ergieße sich wie Regen, es träufle meine Rede wie der Tau, wie Regenschauer auf junges Grün, wie Wassertropfen auf die Gräser! 3Denn Jahwes Namen ruf ich aus: Gebt unserm Gotte die Ehre! 4Ein Fels ist er! Vollkommen ist sein Thun; denn Recht sind alle seine Wege. Ein Gott der Treue und ohne Falsch, gerecht und redlich ist er! 5Übel handelte gegen ihn - nicht seine Kinder, ihr Schandfleck - das verkehrte und verderbte Geschlecht. 6Willst du so Jahwe vergelten, du thörichtes und unverständiges Volk? Ist nicht er dein Vater, der dich geschaffen, er es, der dir Dasein und Bestand geschenkt hat? 7Gedenke der Tage der Vorzeit, betrachtet die Zeit der vergang'nen Geschlechter! Frage deinen Vater, daß er dir's kund thue, die Greise unter dir, daß sie dir's sagen! 8Als der Höchste den Völkern Erbbesitz verlieh, als er die Menschenkinder sonderte, bestimmte er die Grenzen der Völker nach der Zahl der Söhne Israels. 9Denn Jahwes Anteil ist sein Volk, Jakob der ihm zugemessene Erbbesitz. 10Er fand ihn im Bereiche der Wüste und in der Einöde, im Geheule der Wildnis. Er beschützte ihn, verlor ihn nicht aus den Augen, er behütete ihn wie seinen Augapfel. 11Wie ein Adler, der sein Nest zum Fluge aufstört und über seinen Jungen schwebt, breitete er seine Flügel aus, nahm ihn auf und trug ihn auf seinen Fittichen. 12Jahwe allein leitete ihn, und kein fremder Gott stand ihm zur Seite. 13Er ließ ihn einherfahren auf den Höhen des Landes, gab ihm zu genießen die Früchte des Gefildes. Er ließ ihn Honig saugen aus Felsen und Öl aus Kieselgestein, 14die Dickmilch der Kühe und die Milch der Ziegen samt dem Fette von Lämmern und Widdern, gab ihm Basanstiere und Bäche samt dem Nierenfette des Weizens, und Traubenblut trankst du als feurigen Wein! 15Aber Jeschurun wurde fett und schlug aus - fett wurdest du, dick und feist! Da verstieß er Gott, der ihn gemacht hatte, und verachtete den Fels seines Heils. 16Sie erregten seinen Eifer durch fremde Götter, durch Greuel erbitterten sie ihn. 17Sie opferten den bösen Geistern, Ungöttern, Göttern, die sie zuvor nicht gekannt hatten, Neulingen, die erst jüngst aufgekommen waren, vor denen eure Väter feine Scheu empfanden. 18An den Felsen, der dich erzeugte, dachtest du nicht und vergaßest den Gott, der dich geboren. 19Jahwe sah es und verwarf sein Volk, aus Verdruß über seine Söhne und Töchter. 20Er sprach: Ich will mein Antlitz vor ihnen verhüllen, will sehen, was ihr Ende sein wird. Denn ein grundverkehrtes Geschlecht sind sie, Kinder, bei denen keine Treue zu finden. 21Sie haben meinen Eifer erregt durch Ungötter, mich erbittert durch ihre nichtigen Götzen. Nun will ich ihren Eifer erregen durch ein Unvolk, durch eine heidnische Nation sie erbittern. 22Denn ein Feuer loderte auf in meiner Nase, das brennt bis in die Tiefen der Unterwelt, verzehrt die Erde samt ihrem Gewächs und entzündet die Grundfesten der Berge. 23Überhäufen will ich sie mit Übeln, will alle meine Pfeile gegen Sie verbrauchen. 24Sind sie abgemagert vor Hunger und verzehrt von Pestglut und giftiger Seuche, so will ich noch der Tiere Zahn gegen sie entsenden samt dem Gifte der im Staube schleichenden Schlangen. 25Draußen soll sie das Schwert kinderlos machen und in den Gemächern der Schrecken, Jünglinge wie Jungfrauen, Säuglinge, wie silberhaarige Greise. 26Ich spräche: Zerstücken will ich sie, will ihr Gedächtnis auslöschen unter den Menschen! 27fürchtete ich nicht den Verdruß über die Feinde, daß ihre Bedränger es verkennen, daß sie denken könnten: Unsere Hand war siegreich, und nicht Jahwe war es, der dies alles gethan hat! 28Ja, ein Volk sind sie, von allem Rate verlassen, und keine Einsicht findet sich unter ihnen. 29Wären sie weise, so würden sie das begreifen, würden das Ende bedenken, das ihnen bevorsteht. 30Wie könnte ein einziger tausend verfolgen, und zwei zehntausend in die Flucht jagen, hätte nicht ihr Fels sie verkauft und Jahwe sie preisgegeben? 31Denn ihr Fels ist nicht wie unser Fels - des sind unsere Feinde Richter! 32Denn vom Weinstocke Sodoms stammt ihr Weinstock und aus den Gefilden Gomorras. Ihre Trauben sind giftige Trauben, gallenbitter sind ihre Beeren. 33Drachengeifer ist ihr Wein und schreckliches Gift der Vipern. 34Liegt Solches nicht bei mir aufbewahrt, wohl versiegelt in meinen Schatzkammern, 35auf den Tag der Rache und Vergeltung, auf die Zeit, wo ihr Fuß wanken wird? Denn er ist nahe, der Tag ihres Verderbens, und es eilt herbei, was ihnen bereitet ist! 36Denn Jahwe wird seinem Volke Recht schaffen und über seine Diener sich erbarmen, wenn er sieht, daß jeder Halt geschwunden ist, und Mündige, wie Unmündige dahin sind. 37Er wird sprechen: Wo sind nun ihre Götter? der Fels, bei dem sie Zuflucht suchten? 38Die das Fett ihrer Opfer verzehrten, den Wein ihrer Trankopfer tranken, die mögen sich erheben und euch Hilfe bringen, mögen euer Schirm sein! 39Seht nun, daß ich, ich es bin, und daß kein Gott neben mir ist! Ich töte und mache lebendig, ich zerschlage und schaffe auch Heilung, und niemand kann aus meiner Hand erretten. 40Denn ich erhebe zum Himmel meine Hand und spreche: So wahr ich in Ewigkeit lebe - 41Wenn ich mein blitzendes Schwert geschärft habe, und meine Hand zum Gerichte greift, dann will ich Rache nehmen an meinen Drängern und will meinen Hassern vergelten! 42Meine Pfeile sollen trunken werden von Blut, und mein Schwert soll Fleisch fressen vom Blut Erschlagener und Gefangener, vom Haupte der Führer des Feindes! 43Preiset, ihr Nationen, sein Volk! Denn er rächt das Blut seiner Diener. Er nimmt Rache an seinen Drängern und entsündigt das Land seines Volks. 44Und Mose kam und sprach die Worte dieses Liedes laut vor dem Volk, er und Hosea, der Sohn Nuns. 45Als nun Mose dem ganzen Israel alle diese Worte bis zu Ende vorgetragen hatte, 46sprach er zu ihnen: Nehmt alle die Worte, die ich euch heute feierlich einschärfe, zu Herzen, damit ihr sie euren Kindern gebietet, daß sie darauf achten sollen, alle Worte dieses Gesetzes zu befolgen. 47Denn das ist nicht eine gleichgiltge Sache für euch, sondern euer Leben hängt daran, und eben dadurch werdet ihr ein langes Leben haben in dem Land, in das ihr über den Jordan hinüberzieht, um es in Besitz zu nehmen. 48An ebendemselben Tage redete Jahwe zu Mose also: 49Steige auf das Abarimgebirge hier, auf den Berg Nebo, der im Lande Moab östlich von Jericho liegt, und beschaue das Land Kanaan, das ich den Israeliten zum Erbbesitze verleihen werde. 50Sodann wirst du auf dem Berge, den du besteigen wirst, sterben und zu deinen Stammesgenossen versammelt werden, wie dein Bruder Aaron auf dem Berge Hor starb und zu seinen Stammesgenossen versammelt wurde, 51weil ihr euch inmitten der Israeliten an mir vergangen habt dort bei dem Haderwasser von Kades in der Steppe Zin, weil ihr mir inmitten der Israeliten nicht als dem Heiligen die Ehre gabt. 52Denn nur dir gegenüber sollst du das Land sehen, aber hinein sollst du nicht kommen in das Land, das ich den Israeliten verleihen werde. Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899 Bible Hub |