Textbibel 1899 1Denn alles das merkte ich mir wohl und alles das erforschte ich: daß die Frommen und die Weisen und ihre Thaten in der Hand Gottes sind; weder Lieben noch Hassen weiß der Mensch vorher; alles steht ihnen bevor. 2Alles kann allen begegnen: einerlei Geschick widerfährt dem Frommen und dem Gottlosen, dem Guten und Reinen und dem Unreinen, dem Opfernden und dem, der nicht opfert; wie der Gute, so der Sünder, der Schwörende, wie wer den Schwur scheut. 3Das ist ein Übel bei allem, was unter der Sonne geschieht, daß allen einerlei Geschick widerfährt, und so wird auch das Herz der Menschenkinder voll des Bösen, und Tollheit ist in ihrem Herzen ihr Leben lang; darnach aber - geht's zu den Toten. 4Denn, wenn einer allen Lebendigen zugesellt wird, da ist noch Hoffnung; denn ein lebendiger Hund ist besser als ein toter Löwe. 5Denn die Lebenden wissen, daß sie sterben werden, die Toten aber wissen gar nichts und haben weiter keinen Lohn, denn vergessen wird ihr Gedächtnis. 6Sowohl ihr Lieben als ihr Hassen und ihr Eifern ist längst dahin, und sie haben nie mehr teil an irgend etwas, was unter der Sonne geschieht. 7Wohlan denn, iß mit Freuden dein Brot und trinke mit frohem Herzen deinen Wein; denn vorlängst hat Gott dieses dein Thun gutgeheißen. 8Zu jeder Zeit seien deine Kleider weiß, und deinem Haupte mangle es nie an Öl. 9Genieße das Leben mit dem Weibe, das du lieb hast, alle die Tage deines eitlen Lebens hindurch, die er dir gegeben hat unter der Sonne, alle deine eitlen Tage; denn das ist dein Teil am Leben und für deine Mühe, womit du dich mühst unter der Sonne. 10Alles, was deine Hand zu thun vermag mit deiner Kraft, das thue; denn weder Thun, noch Berechnung, noch Erkenntnis, noch Weisheit giebt's in der Unterwelt, wohin du gehen wirst. 11Wiederum sah ich unter der Sonne, daß nicht die Schnellen über den Lauf verfügen, noch die Helden über den Krieg, noch auch die Weisen über das Brot, noch die Klugen über den Reichtum, noch die Verständigen über die Gunst, sondern Zeit und Geschick widerfährt ihnen allen. 12Weiß doch der Mensch nicht einmal seine Zeit: wie die Fische, die im bösen Netze gefangen werden, und wie die Vögel, die in der Schlinge gefangen werden, - gleich ihnen werden die Menschenkinder verstrickt zur Zeit des Unglücks, wenn es sie plötzlich überfällt. 13Auch das sah ich als Weisheit unter der Sonne, und groß erschien sie mir: 14da war eine kleine Stadt und wenig Männer darin, und es kam wider sie ein großer König und umzingelte sie und baute wider sie große Bollwerke. 15Es fand sich aber in ihr ein armer, weiser Mann, der rettete die Stadt durch seine Weisheit; aber kein Mensch gedachte jenes armen Mannes. 16Da dachte ich: Weisheit ist besser als Stärke, aber die Weisheit des Armen ist verachtet, und seine Worte finden kein Gehör. 17Worte von Weisen, in Ruhe vernommen, sind besser als das Geschrei eines Herrschers unter den Thoren. 18Weisheit ist besser als Kriegsgeräte, aber ein einziger Sünder verdirbt viel Gutes. Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899 Bible Hub |