Textbibel 1899 1Als nun Saul von seinem Zuge gegen die Philister zurückgekehrt war, meldete man ihm: David befindet sich jetzt in der Wüste Engedi.
2Da nahm Saul 3000 aus ganz Israel auserlesene Leute und machte sich auf den Weg, David und seine Leute auf der Vorderseite der Steinbockfelsen zu suchen.
3Er gelangte zu den Schafhürden am Wege. Dort befand sich eine Höhle. Saul trat ein, um seine Notdurft zu verrichten, während David sich mit seinen Leuten im Innern der Höhle niedergelassen hatte.
4Davids Leute aber redeten ihm zu: Das ist nun der Tag, von dem Jahwe dir gesagt hat: Ich liefere dir noch einmal deinen Feind in die Hände, daß du mit ihm verfahren kannst, wie es dir gut dünkt! Da stand David auf und schnitt von dem Mantel, den Saul trug, heimlich einen Zipfel ab.
5Nachher aber schlug David das Gewissen darüber, daß er den Zipfel von Sauls Mantel abgeschnitten hatte,
6und er sagte zu seinen Leuten: Gott strafe mich, wenn ich gegen meinen Herrn, den Gesalbten Jahwes, so etwas verüben sollte, daß ich Hand an ihn legte, denn er ist der Gesalbte Jahwes!
7Und David richtete seine Leute mit Scheltworten übel zu und erlaubte ihnen nicht, Saul ein Leid zu thun. Als sich aber Saul aus der Höhle erhoben hatte und seines Weges weiterging, 8machte sich David auf hinter ihm her, verließ die Höhle und rief Saul nach: Mein Herr König! Da sah sich Saul um; David aber warf sich mit dem Angesicht zur Erde nieder und huldigte ihm. 9Dann rief David Saul zu: Warum hörst du auf das Gerede der Leute, die da sagen: David sinnt auf dein Verderben? Am heutigen Tage hast du ja mit eigenen Augen gesehen, wie dich Jahwe heute in der Höhle mir in die Hände gegeben hat. 10Man sprach mir zu, dich niederzustoßen, aber ich schonte deiner und dachte, ich will nicht Hand an meinen Herrn legen, denn er ist der Gesalbte Jahwes! 11Aber bitte, sieh, ja sieh den Zipfel deines Mantels in meiner Hand! Daran, daß ich den Zipfel deines Mantels abschnitt, ohne dich niederzustoßen, magst du genugsam erkennen, daß ich nicht Bosheit und Verrat im Schilde führe und mich an dir nicht vergangen habe. Du aber trachtest darnach, mir das Leben zu nehmen. 12Jahwe soll zwischen uns beiden entscheiden, Jahwe mich an dir rächen, aber meine Hand soll sich nicht gegen dich wenden. 13Wie das alte Wort sagt: Von Frevlern kommt Frevel, - aber meine Hand soll sich nicht gegen dich wenden. 14Zu wessen Verfolgung ist der König Israels ausgezogen? Wem jagst du nach? Einem toten Hund, einem einzelnen Floh! 15So sei denn Jahwe Richter und entscheide zwischen uns beiden und sehe darein, führe meine Sache und schaffe mir recht vor dir! 16Als nun David mit dieser Anrede an Saul zu Ende war, rief Saul: Ist das nicht deine Stimme, mein Sohn David? Und Saul hob laut zu weinen an 17und sprach zu David: Du bist in deinem Rechte gegen mich: du hast mir Gutes erwiesen, während ich dir Böses erwies, 18und zwar hast du heute noch vermehrt, was du Gutes an mir thatest, indem du mich nicht niedergestoßen hast, obwohl Jahwe mich dir in die Hände lieferte. 19Wenn jemand auf seinen Feind trifft, läßt er ihn da wohl friedlich seines Weges ziehen? Aber Jahwe wird dir diesen Tag mit Güte vergelten, an dem du mir zu gut gehandelt hast! 20Nun, ich weiß ja, daß du König werden wirst, und daß in deiner Hand das Königtum über Israel Bestand haben wird: 21so schwöre mir denn bei Jahwe, daß du meine Nachkommenschaft nicht ausrotten und meinen Namen aus meinem Geschlechte nicht austilgen willst! 22David schwur es Saul, dann zog Saul heim, David aber stieg mit seinen Leuten auf die Berghöhe. Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899 Bible Hub |