1.Mose 43
Textbibel 1899
1Es lastete aber die Hungersnot schwer auf dem Lande. 2Als sie nun das Getreide, das sie aus Ägypten geholt, vollständig aufgezehrt hatten, da gebot ihnen ihr Vater: zieht wieder hin, etwas Getreide für uns zu kaufen. 3Da antwortete ihm Juda: Jener Mann hat uns nachdrücklich eingeschärft: Ihr dürft mir nicht vor die Augen kommen, wenn ihr nicht euren Bruder mitbringt. 4Willst du uns also unseren Bruder mitgeben, so wollen wir hinreisen und Getreide für dich kaufen. 5Giebst du ihn uns aber nicht mit, so reisen wir nicht. Denn der Mann hat uns erklärt: Ihr dürft mir nicht vor die Augen kommen, wenn ihr nicht euren Bruder mitbringt. 6Israel antwortete: Warum habt ihr mir das zuleide gethan und dem Manne verraten, daß ihr noch einen Bruder habt? 7Sie antworteten: Der Mann erkundigte sich genau nach uns und unserer Familie und fragte: Ist euer Vater noch am Leben? Habt ihr noch einen Bruder? Da gaben wir ihm Bescheid, ganz wie es sich verhält. Konnten wir denn wissen, daß er nun sagen würde: Bringt euren Bruder her? 8Juda aber sprach zu seinem Vater Israel: Gieb mir den Knaben mit, so wollen wir aufbrechen und hinziehen, damit wir leben bleiben und nicht sterben, wir und du und unsere Kinder. 9Ich will dir für ihn bürgen; mich sollst du für ihn verantwortlich machen. Wenn ich dir ihn nicht wiederbringe und vor Augen stelle, so will ich all meine Lebtage schuldig vor dir dastehen. 10Wenn wir nicht über Gebühr gezaudert hätten, so hätten wir unterdes zweimal hin- und herreisen können.

11Da antwortete ihnen ihr Vater Israel: Wenn es denn sein muß, so thut Folgendes: Nehmt in euren Säcken etwas von den Erzeugnissen des Landes mit und bringt dem Manne ein Geschenk: ein wenig Balsam und ein wenig Honig, Spezereien und Ladanum, Pistazien und Mandeln. 12Sodann nehmt den gleichen Betrag an Geld noch einmal mit: auch das Geld, das sich wiedergefunden hat oben in euren Säcken, nehmt wieder mit - vielleicht liegt ein Irrtum vor. 13Dazu nehmt auch euren Bruder hin, brecht auf und zieht wieder hin zu dem Manne. 14Und Gott, der Allmächtige, verleihe, daß sich der Mann barmherzig gegen euch erzeigt, daß er euren anderen Bruder wieder mit euch ziehen läßt, dazu auch Benjamin; ich aber - wenn es denn sein muß, nun so bin ich eben verwaist. 15Da nahmen die Männer das erwähnte Geschenk, nahmen auch anderes Geld mit sich, dazu Benjamin, brachen auf, zogen nach Ägypten und traten vor Joseph.

16Als nun Joseph wahrnahm, daß Benjamin unter ihnen sei, gebot er seinem Hausmeister: Führe diese Männer hinein ins Haus, schlachte ein Stück Vieh und richte zu; denn diese Männer sollen mittags mit mir essen. 17Der Mann that, wie Joseph befohlen hatte, und der Mann führte die Männer hinein in das Haus Josephs. 18Da fürchteten sich die Männer, daß sie ins Haus Josephs geführt wurden, und sprachen: Wegen des Geldes, das sich bei unserer ersten Anwesenheit wieder in unsere Säcke verirrte, werden wir hineingeführt: man will sich auf uns werfen, uns überfallen und uns zu Sklaven machen, samt unseren Eseln. 19Da traten sie an den Hausmeister Josephs heran und redeten ihn am Eingange des Hauses 20also an: Bitte, mein Herr! Wir sind das erste Mal hierher gereist, nur um Getreide zu kaufen. 21Als wir aber ins Nachtquartier gelangt waren und unsere Getreidesäcke aufbanden, da fand sich das Geld eines jeden oben in seinem Getreidesack - unser Geld nach seinem vollen Gewicht; wir haben es jetzt wieder mitgebracht. 22Aber auch anderes Geld haben wir mitgebracht, um Getreide zu kaufen. Wir begreifen nicht, wer uns das Geld in die Getreidesäcke gelegt hat. 23Da antwortete er: Beruhigt euch; seid ohne Sorge! Euer und eures Vaters Gott hat euch heimlich einen Schatz in eure Getreidesäcke gelegt. Euer Geld ist mir zugekommen. Hierauf führte er Simeon zu ihnen heraus. 24Sodann brachte er die Männer ins Haus Josephs. Er gab ihnen Wasser, und sie wuschen ihre Füße, und ihren Eseln reichte er Futter. 25Sodann legten sie das Geschenk zurecht und warteten, bis Joseph mittags käme; denn sie hatten vernommen, daß sie dort das Mahl einnehmen sollten.

26Als nun Joseph ins Haus eingetreten war, brachten sie ihm das Geschenk, das sie mit sich führten, hinein und verneigten sich vor ihm bis auf den Boden. 27Er aber erkundigte sich nach ihrem Befinden und fragte: Geht es eurem alten Vater, von dem ihr spracht, wohl? Ist er noch am Leben? 28Sie antworteten: Es geht deinem Diener, unserem Vater, wohl; er ist noch am Leben. Dabei bückten sie sich und verneigten sich. 29Da gewahrte er Benjamin, seinen leiblichen Bruder, und fragte: ist das euer jüngster Bruder, von dem ihr mir sagtet? und sprach: Gott gebe dir Gnade, mein Sohn! 30Dann aber brach Joseph schnell ab, denn er wurde von tiefer Rührung ergriffen, als er so seinem Bruder gegenüberstand, und suchte, wie er seinen Thränen freien Lauf lassen könne. Daher ging er hinein in das innere Gemach und weinte sich dort aus. 31Dann wusch er sich das Gesicht und kam wieder heraus, that sich Gewalt an und befahl: Tragt auf! 32Da trug man ihm besonders auf und ihnen besonders und ebenso den Ägyptern, die mit ihm speisten. Die Ägypter dürfen nämlich nicht mit den Hebräern zusammen speisen, denn das gilt den Ägyptern als eine Verunreinigung. 33Sie kamen aber vor ihn zu sitzen, vom Ältesten bis zum Jüngsten genau nach dem Alter geordnet; staunend sahen die Männer einander an. 34Hierauf ließ er ihnen von den Gerichten vorlegen, die vor ihm standen; es war aber dessen, was man Benjamin vorlegte, fünfmal so viel, als was man allen anderen vorlegte. Sodann tranken sie mit ihm und wurden guter Dinge.

Textbibel des Alten und Neuen Testaments, Emil Kautzsch, Karl Heinrich Weizäcker - 1899

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